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Schweizer Fachzeitschrift
für Publishing und Digitaldruck


Ralf TurtschiEs klingt logisch, wird jedoch nicht immer so gesehen: Überall, wo Seitenzahlen in längeren Dokumenten vorkommen, müsste ein Inhaltsverzeichnis stehen; Erstere stehen in enger funktionaler Beziehung und schaffen einen schnellen Informationszugriff. Der Zeitungsleser braucht kein Inhaltsverzeichnis, da er die Reihenfolge der Inhalte oder der Bünde kennt. Auf dem Screen ist das Inhaltsverzeichnis (als Anreisser) wichtig, weil dort direkt auf den Inhalt gelinkt werden kann. Ein Roman hat fast nie ein Inhaltsverzeichnis und ein Magazin wiederum wird anders konsumiert als ein Roman. Die Seitenzahlen (Pagina) in einem Vertrag und einer Offerte haben eine andere Funktion als in einem Buch. Weiter gibt es Anwendungen, bei denen Seitenzahlen völlig überflüssig scheinen, wie zum Beispiel bei PowerPoint-Präsentationen. Denn dort kann sich der Zuschauer ja nicht selbstständig orientieren.

Die Seitenzahlen können fortlaufend oder kapitelweise gegliedert werden, normal ist im deutschen Sprachraum die Verwendung von arabischen Ziffern, es kommen auch andere Zeichen (I, II, II, i, ii, iii) vor.

Die Gliederung selbst setzt sich aus einem Text, der mehrstufig sein kann, und dem Seitenhinweis zusammen. Das Inhaltsverzeichnis kann auch mit Bildern oder Anreissern (Teasern) visuell attraktiv angereichert werden.

Die in der Officewelt üblichen Auspunktierungen wirken veraltet, stattdessen können feine ausgezogene oder punktierte Linien (Office: 1/4-Punkt, InDesign 0,4 Punkt) verwendet werden.

Üblicherweise steht der Text links, die Seitenzahl rechts. Typografisch gesehen driften diese zwei Informationsblöcke weit auseinander, bei einem Abstand von über 5 cm hat der Leser Mühe, die Zeile zu halten. Führungslinien geben dem Auge einen optischen Halt.

Eine andere Idee ist, die Ziffer vor den Text zu stellen. So entsteht eine Art linksbündiger Flattersatz mit nur einer optischen Kante. Die Ziffern können selbstverständlich grösser, farbig oder in einer anderen Schrift gewählt werden. In einer Modezeitschrift wird auch beim Inhaltsverzeichnis etwas mehr Styling erwartet als bei der wissenschaftlichen Promotionsarbeit. Aber auch dort gilt, den Fokus nicht aus den Augen zu verlieren. Eine Inhaltsübersicht ist für die Orientierung gedacht und darf nicht Selbstzweck sein. Mittelachse ist nicht die ideale Satzart für Inhaltsverzeichnisse. Bei Mittelachse muss jeder Zeilenbeginn neu «gesucht» werden, schon deshalb ist linksbündig die beste Satzart.

Die oft gesehene Versalschreibweise ist eine Macke von formalverliebten Ignoranten, Versalien stehen einer schnellen Übersicht immer im Weg. Versalien sind okay bei wenigen Worten – ganze Sätze oder mehrere Zeilen in Versalien sind ein Unding für die schnelle Orientierung. ↑